Auszüge aus dem Entscheid «Herisau (AR)»

Entscheid des Bau- und Umweltdepartements des Kantons Appenzell Ausserrhoden vom 18. März 2014 im Rekursverfahren gegen die Verweigerung einer Baubewilligung durch den Gemeinderat und die Baubewilligungskommission Herisau

Das Departement Bau und Umwelt bestätigt in seinem Entscheid, dass dem Einbau befestigter Fahrspuren von 250 Metern Länge auf einer Hofzufahrt die Bewilligung nicht erteilt werden darf. Der vorliegende Entscheid stützt sich u.a. auf folgende Erwägungen:

Zum Begriff der «grösseren Wegstrecke» nach Art. 7 FWG

Der Begriff «grössere Wegstrecke» nach Art. 7 Abs. 2 lit. d FWG ist nicht als Mass für das einzelne Belagsvorhaben anzuwenden. Der Begriff dient vielmehr der Beschreibung des Zielzustands, wonach das Wanderwegnetz keine grösseren Wegstrecken mit ungeeigneten Belägen enthalten soll. Die betroffene Wegstrecke von 250 Metern darf daher nicht als «kürzere Wegstrecke» bezeichnet und von der Ersatzpflicht ausgenommen werden.

Zitat aus dem Entscheid: «Gemäss Ziffer 2.3 der neuen Vollzugshilfe [Ersatzpflicht für Wanderwege, ASTRA, Schweizer Wanderwege, 2012] sollte der Anteil ungeeigneter Beläge ausserhalb des bebauten Siedlungsgebietes 10% der Wegstrecke nicht überschreiten, damit der Erholungswert eines Wanderwegs erhalten bleibt. Nach Ziffer 4.4 der Vollzugshilfe verdeutlicht die Rechtsprechung zu Art. 7 Abs. 2 lit. d FWG, dass der Begriff ‹grössere Wegstrecke› nicht als Mass für das einzelne Belagsvorhaben anzuwenden ist. Der Begriff dient vielmehr der Beschreibung des Zielzustands, wonach das Wanderwegnetz keine grössere Wegstrecken mit ungeeigneten Belägen enthalten soll. Das Berner Verwaltungsgericht kam bei einem ähnlichem Vorhaben zum Schluss, dass bei einer Bewilligung aus Gründen der Rechtsgleichheit anderen Anwohnern von vergleichbaren Wanderweg-Teilstücken im Kanton oder in anderen Gemeinden gleiche oder ähnliche Erleichterungen verschafft bzw. gewährt werden müssten […] (Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 15.11 .1990; BVR 1991 222 ff. […] Nach der angesprochenen Rechtsprechung würde die Bewilligung von Belagseinbauten auf kürzeren Wegstrecken ohne Ersatz zu einer sachfremden Gesetzesanwendung führen, weil aus vielen kürzeren Wegstrecken über die Zeit grössere Wegstrecken mit bitumen- oder zementgebundenen Belägen entstehen würden. Somit gilt die Ersatzpflicht auf Wanderwegen im Grundsatz halt auch dann, wenn kürzere Wegstrecken betroffen sind.»

Ersatzpflicht gilt auch für befestigte Fahrspuren

Der Einbau befestigter Fahrspuren auf Wegen, die Bestandteil des Wanderwegnetzes sind, untersteht grundsätzlich der Ersatzpflicht nach Art. 7 FWG.

Zitat aus dem Entscheid: «Die neue Vollzugshilfe verdeutlicht zudem, dass eine Ersatzpflicht auch beim Einbau von befestigten Fahrspuren besteht. Auf eine Ersatzmassnahme kann nur verzichtet werden, wenn die Ersatzpflicht aufgrund der Topografie bzw. eines überwiegenden anderen Anliegens nicht erfüllbar ist. In diesen Fällen können Fahrspuren eine Kompromisslösung sein (Vgl. S. 29 der Vollzugshilfe).»

Abklärungen der möglichen Ersatzmassnahmen, Interessenabwägung

Die Beurteilung einer Ersatzmassnahme nach Art. 7 FWG bedarf einer umfassenden Interessenabwägung, unter Anhörung der kantonalen Wanderweg-Fachstelle und der Wanderweg-Fachorganisation.

Zitat aus dem Entscheid: […] die Beurteilung einer Ersatzmassnahme [bedarf] einer umfassenden Interessensabwägung. In diesem Zusammenhang ist nicht erkennbar, dass die Rekurrenten zu einer allfälligen Ersatzmassnahme angehört worden sind bzw. von der Fachstelle oder dem VAW oder anderen betroffenen Grundeigentümern zu dieser Thematik eine Stellungnahme eingeholt worden wäre, obwohl dies gemäss Ziffer 3.2 der Vollzugshilfe vorausgesetzt wird. Insbesondere fehlt ein eigentliches Projekt für eine Ersatzmassnahme, auf welches sich die diesbezüglichen Erwägungen des Gemeinderats beziehen könnten. […] Weil die Möglichkeit eines angemessenen Ersatzes jedoch nicht ausreichend abgeklärt wurde, steht es den Rekurrenten frei, einen Ersatz zu projektieren und zusammen mit dem umstrittenen Bauvorhaben von den zuständigen Behörden neu beurteilen zu lassen (vgl. Situation D auf S. 17 der Vollzugshilfe). Dabei wird jedoch empfohlen, mit der Fachstelle, dem Gemeinderat und allenfalls dem VAW vorab das Gespräch zu suchen und sich bezüglich Zulässigkeit eines eventuellen Ersatzes beraten zu lassen. Kommen die Behörden nachträglich erneut zum Schluss, dass keine Ersatzmassnahme möglich ist, wäre in einer umfassenden Interessensabwägung zu prüfen, ob die beantragten Fahrspuren allenfalls als Kompromisslösung in Frage kämen.»

Verweigerung der Baubewilligung

Zitat aus dem Entscheid: «Insgesamt ergibt sich aus den Erwägungen, dass der Gemeinderat Herisau und die Baubewilligungskommission Herisau den Eingriff in das Wanderwegnetz bzw. die Bewilligung für das Bauvorhaben zu Recht verweigert haben.»